Telefonfrau

Die Verrückten laufen heutzutage nicht mehr mit „Das Ende ist nah“-Schildern durch die Straßen. Sie machen Telefonstreiche.

Ich habe ja schon in einigen Callcentern gearbeitet. Und wirklich verstörende Anrufer gehabt. Wirklich.

Jetzt arbeite ich nicht in einem Callcenter, bin aber unter anderem für das Telefon zuständig und nach 3 Monaten kann ich ohne Wenn und Aber versichern, dass hier mit großem – nein, mit sehr sehr großem Abstand die bescheuertsten und verstörendsten Anrufe reinkommen.

Da hätten wir zum Einen die Brabbler. Rufen an, sagen erst mal ein paar Sekunden gar nichts und brabbeln dann dermaßen unverständlich in den Hörer, dass einem nach mehrmaligem Nachfragen und Rumdrucksen nichts anderes übrig bleibt, als sich zu entschuldigen und aufzulegen.

Die Schreier feier ich total. Gibts nicht so oft, aber wenn, dann hab ich den größten Spaß. Denn nach dem ersten noch halbwegs verständlichen, aber keineswegs freundlich formulierten Satz wird auch schon die Stimme erhoben, die Ausdrucksweise wird forscher, die Worte beleidigender und schließlich muss ich dann, nachdem ich als widerliche Nazi-Kommunisten-Russen-Schlampe nicht zu Wort gekommen bin, einfach auflegen.

Dann gibts natürlich noch die Gutmenschen. Die wollen sich meist über die Lügen beschweren, die unser Sender so verbreitet und das am liebsten persönlich beim Moderator oder Redakteur.
„Machen Sie Ihrem Moderator mal folgenden Vorschlag: Er verzichtet auf die Hälfte seines Gehalts und erzählt dafür ausnahmsweise mal die Wahrheit. Meinen Sie, das wäre machbar?“
„Mit Sicherheit. Ich leite das gerne für Sie weiter.“

Aber am allerliebsten ist mir die gute Frau S. Eine sehr nette, tattrige, ältere Dame, die vorzugsweise nach 23 Uhr anruft und mir Fragen zu Politikern oder Schauspielern stellt.
„Sagen Sie, wie hieß nochmal der Sohn vom Millowitsch?“
„Einen Moment, ich schau mal in unserer Datenbank (Google) nach………Peter heißt er.“
„Ach, wenn ich Sie nicht hätte!“
Einmal hat sie mich 6 oder 7 mal in einer Nacht angerufen und ich konnte mit jedem Anruf quasi die Promille in ihrem Blut steigen hören.Heute hat sie sich dann verraten. Was ich schon lange vermute: Sie löst des Nächtens Kreuzworträtsel und die Auskunft ist ihr zu teuer.
Ihr zweiter Anruf heute drehte sich dann um die Frage, wie die Dame mit den langen Haaren heißt, die in den Nachrichten neben dem Moderator stand. Da konnte ich ihr leider keine Auskunft zu geben, die Sendung ist noch nicht in der Online-Mediathek vorhanden. Sie will in einer halben Stunde nochmal anrufen. Ich freu mich schon drauf.

…noch während ich dies schrieb, rief eine Dame an, die den Namen eines ehemaligen Radiomoderators wissen wollte, der heute eine Sportsendung im TV hat. Sie sitze gerade in der Kneipe und besagter Mensch sei zu Gast in der Sportschau. Wenn sie herausfinde, wie er heißt, bekomme sie 50 Euro.
Oho. Eine Wette. Spannend. Mein serviceorientiertes Herz grast das Internet ab und schließlich, ich würde sagen, nach 15 Minuten finde ich den Namen und wir alle freuen uns wie Bolle.
Die Dame hat die Wette gewonnen und ich werde nächste Woche auf ein, zwei Bier eingeladen. Wie nett.

2 Kommentare zu „Telefonfrau

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