Gehichstrn

Nach 4 Stunden Schlaf beschloss mein Gehirn heute gegen 12:30, dass es jetzt wach sei. Nungut. Eher semi-optimal, doch ein Ausflug auf den Balkon genügte, um das wieder wett zu machen. Die Sonne schien, wie sie noch nie geschienen zu haben scheinte.
(Ich liebe Worte)

Heute also. Heute sollte der Tag sein, an dem der sich langsam zu bewusstem Leben entwickelnde Spülkram in der Küche beseitigt werden würde. Und staubsaugen musste ich ganz dringend. Und Wäsche machen. Und so viel Zeit wie möglich auf dem Balkon verbringen, versteht sich. Vitamin D tanken und so.

Was könnte diesem Tag die richtige Würze verleihen, wenn nicht eine kleine Microdose? Da gäbs bestimmt einige Dinge. Aber ich entschied mich trotzdem für 15µg 1P-LSD. Aus irgendeinem (keinem?) Grund nahm ich zwei Stunden später nochmal 15.

O

Extrem interessante Gespräche über Whatsapp mit einem extrem interessanten Menschen aus Wien, nennen wir ihn den Wiener. Der ebenfalls gerade trippt, wenn auch in höherer Dosierung. Die Welt ist echt ’n Dorf. Nebenher etwas mehr als die Hälfte spülen, Bett neu beziehen, Wäsche nicht machen, nur die halbe Wohnung staubsaugen, viiiiiiel auf dem Balkon sein.

 

Ich: „Dem Impuls folgen ist meiner Meinung nach das Einzige, was man auf Psychedelika tun sollte – sofern man die Freiheit dazu hat.“

Der Wiener: „Jein. Es gilt zu erkennen, welchen impulsiven Impulsen man folgen darf und bei welchen man vielleicht etwas Acht geben sollte.“
„Das ergänzt meine Ansicht sogar noch. Denn die Freiheit dazu zu haben, bedeutet nicht, dass es einem auch gut tut.“

„Oke 30µg machen schon ordentliche Effekte. Nachher arbeiten wird witzig…“

„Ja LSD bockt in allen Dosierungen.“

Isso.

Der beste Schwuli ruft pünktlich zu seinem Feierabend und meinem regulären Aufsteh-Termin an. Das Sprechen an sich löst in mir eine verrückte Empfindung aus. Ich beobachte mich selbst beim Telefonieren und Spülen und Supergutgelauntsein. Irgendwie bin ich mir selbst erhaben.

„Ich sitze gerade im Kopf des Körpers den ich bewohne, beobachte mich selbst und amüsiere mich köstlich.“

„Gut so.
Wo sitzt du sonst?“

„Schon in meinem Kopf. Aber sonst bin ich mehr mein Körper. Jetzt gerade bin ich einfach nur Bewusstsein.“

„Was ist für dich Bewusstsein?“

„Whoa. Jetzt gerade ist das dieses Ding namens Ich, das wertfrei – ne eig nicht, ich amüsiere mich ja…..

Ja. Diese Frage habe ich für mich selbst noch nicht beantwortet.
In erster Linie ist Bewusstsein das, was die Summe meiner Wahrnehmungen zu einem Ganzen zusammenfügt. Was auch nicht stimmt. Das ist mein Gehirn.
Keine Ahnung, abgesehen von dieser Mindfuck-Frage bin ich gerade das übergeordnete Gewahrsein dessen was mein Körper und Geist tun.
Und dieses verdammt schönen Sonnenuntergangs grad…“

„Wo ziehst du die Grenze zwischen Körper und Geist?“

„Da wo die Worte fehlen glaube ich. Was eine ziemlich plumpe Grenze ist wie ich finde…
Ich denke mein Geist ist das, was aus diesem Wahrnehmungs- und Erinnerungsbrei eine Vorstellung von meinem Ich formt.
Und du?“

„Für mich bilden Körper und Geist eine Einheit. Manchmal ist es sinnvoller etwas aus der einen oder der anderen Perspektive zu betrachten, aber keine Ahnung…
Ich muss sagen, ich verstehe deine Definition nicht.“

„Mir ist grad in der Küche der Gedanke gekommen, dass Körper und Geist gar nicht trennbar sind. Die Übergänge sind fließend. Das Eine bedingt das Andere.
Ich meine….meine Vorstellung von meinem Ich ist begründet auf allen Erinnerungen die ich habe, plus dessen was ich aktuell wahrnehme. Der Geist ist das, was diese Vorstellung erst möglich macht, indem es Erinnerungen und Wahrnehmung zusammensetzt.“

„Puh, das ist kompliziert. Was ist Geist, was ist Gehirn? Wie spielt das Ich hier rein?“

„Also ich denke, das Gehirn ist die Maschinerie, die in der Lage ist, Sinneseindrücke wahrzunehmen und zu speichern. Geist ist dann das, was aus diesen Informationen ein subjektives Ich-Gefühl erzeugt. Nenn es von mir aus Ego.
Und jetzt frag mich bloß nicht wo die Seele da rein passt. Darüber zermater ich mir seit geraumer zeit das Hirn.“

„Okay. Was verstehst du unter Seele?“

Ich glaube, jedes Lebewesen hat eine Seele. Und damit meine ich EINE. Wir haben alle die selbe Seele. Und die ist identisch mit dem Universum. Wir sind das erwachende Universum, das sich selbst wahrnimmt. Das ist zumindest die Kurzform.“

„Okay. Und wie passt die Seele ins Gerhirn?“

Haha. Das ist die große Frage.

„Wer bist du? Wo liegt die Grenze deines ‚Ichs‘?“

„Das finde ich gerade heraus. Bisher soweit:
Mein Ich setzt sich zusammen aus Erinnerungen und Wahrnehmung. Es ist nichts Festes, befindet sich permanent im Fluss. Und deshalb ist es vielleicht auch gar nicht möglich, es zu begrenzen.“

Ich habe gerade extra für den Titel ein neues Wort erfunden.

Gehichstrn
Gehichstrn
Gehichstrn

Dass das Gehirn dabei quasi den Mantel bildet, der Geist sich verteilt und das Ich in der Mitte steht, fiel mir gerade beim Einfärben auf. Schon doll, was mein Hirn da so halb bewusst, halb unbewusst fabriziert. Und ich kann ihm live dabei zusehen.

Ein famoser Spaß 🙂

Namasté



Bild: “heart mind soul” by zerethra

7 Kommentare zu „Gehichstrn

  1. Haha! Fast hätte ich beim Lesen meine Haltestelle verpasst. Ich darf das irgendwann nächste Woche rebloggen? Wäre sehr günstig weil ich dann auf Reisen keine Zeit für nen eigenen wöchentlichen Artikel habe.

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  2. Habe erst heute beim gemeinschaftlichen Mistplatzfahren über Geist und Bewusstsein geredet. Ich finde es interessant die Grenzziehungen verschiedener Kulturen zu vergleichen. Wir Menschen haben für Geistiges/Spirituelles keine geeignete Sprache(sondern quasi nur zum Gartenhalten), daher ist jegliches Geschwafel zu dem Thema immer irgendwie verfälscht, vielleicht richtig gemeint, aber spätestens beim verlassen der Worte vom Mund(oder über die Finger ins Smartphone) ist es nicht mehr das, was wirklich gemeint war.
    Wenn es darum geht, dass das eine das andere bedingt, wird es interessant, wenn man an den Tod des Körpers denkt. Was passiert dann, oder könnte passieren?
    MfG toe

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    1. Das sehe ich genau so. Worte sind generell unzulänglich wenn es darum geht, etwas nicht Greifbares zu beschreiben. Aber was bleibt und schon übrig? Malen vielleicht. Nichtsdestotrotz ist es einfach unmöglich, mittels irgendwelcher Medien das zum Ausdruck zu bringen, was im Innern vorgeht.

      Ich denke, Körper und Geist müssen ja verbunden sein, um zusammen arbeiten zu können. Und wenn man dann stirbt, brauchen sie sich gegenseitig nicht mehr und gehen ihrer Wege. Zumindest ist das ein schöner Gedanke.

      Liebe!

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