Mein Rausch Dein Rausch

Der Rausch ist Teil der menschlichen Kultur seit….schon immer wahrscheinlich. Schließlich gehört das Berauschen sogar zur Kultur vieler Tierarten, nehmen wir beispielsweise die Rentiere, die gezielt Fliegenpilze fressen um sich zu berauschen. Oder Delfine, die auf Kugelfischen herumkauen und sie weiterreichen wie einen Joint.

Soweit so gut. Das Bedürfnis nach Rausch ist also ganz natürlich, zumindest denke ich das, und da bin ich nicht die Einzige. Der Mensch berauscht sich gerne. Und das nicht zu knapp. Ich will die Diskussion um legale und illegale Drogen hier jetzt gar nicht erst anfangen, wär auch einfach am Thema vorbei, denn im Grunde ist es doch nunmal so:

Jeder Mensch hat seinen eigenen Rausch, auf die eine oder andere Art und Weise. Und wenn so ein Mensch herausgefunden hat, was „sein“ Rausch ist, ist es ihm schnurzpiepegal, ob das legal ist oder nicht. Vielleicht gehört das sogar ein bisschen dazu, dieser Thrill, etwas Illegales zu tun. Auch ein Rausch. Aber egal. Darum gehts wie gesagt nicht.

Abgesehen davon, dass der Rausch der perfekte Verdrängungsmechanismus ist, bietet er nunmal auch eine Möglichkeit, etwas zu tun, das etwas mit einem macht. Und da rede ich jetzt nicht nur von Drogen. Ein Adrenalinrausch – der so betrachtet streng genommen auch ein Drogenrausch ist… naja eigentlich beruht ein Rausch doch immer auf Substanzen, die beim Ausüben gewisser Tätigkeiten ausgeschüttet oder von außen dem Hirn zugefügt werden, daher macht es eigentlich absolut keinen Sinn, den Rausch in Kategorien einteilen zu wollen. Ein Mensch der süchtig nach Sport ist, ist eigentlich süchtig nach Dopamin und Adrenalin. So einfach ist das.

Wir wollen also etwas, das etwas mit uns macht. Ich könnte jetzt fragen, warum das so ist. Dann könnte ich weiter fragen, ob das überhaupt wichtig ist.

Was will ich eigentlich aussagen, fragt sich mein lieber Leser jetzt vielleicht. Gute Frage.

Ich will darauf hinaus, dass jeder Mensch das recht zur persönlichen Entfaltung hat. Dieses Recht muss unmissverständlich das Recht beinhalten, die eigene Wahrnehmung und den eigenen Geist zu verändern.

Ich habe mich oft gefragt, warum das Verlangen nach Sport, nach Schuhen, nach Porzellanteddybären, nach Essen, nach Sex undsoweiter undsofort so verharmlost wird, während das Bedürfnis nach substanzgebundenem Rausch sofort Prostitution und Obdachlosigkeit und Nadeln in den Venen bedeuten muss. Ich denke, beides ist falsch.

Der Mensch hat das Verlangen, sich zu verändern. Sich weiterzuentwickeln. Das verändern der Wahrnehmung und Auflösen der Grenzen mittels Konsum von Substanzen ist so eine schöne Möglichkeit, genau das zu tun. Und wenn ich mir mein Umfeld anschaue – nicht dieses tote, entpersonalisierte Ding namens Gesellschaft -, sehe ich mich beinahe täglich darin bestätigt, dass es auch die für mich sinnvollere Alternative ist zum Kaufen und Besitzen und Arbeiten. Das gros der Menschen hat das zu seinem einzig richtigen und wichtigen Lebensinhalt gemacht. Hetzt von Station zu Station, wie beim Staffellauf, immer darauf bedacht, von wem er gerade überholt wird und wen er abhängt, permanent das Ziel vor Augen: die nächste Station. Verdrängend, dass nach der Station nur wieder eine neue Station kommt, die doppelt so weit weg ist, während die „Wünsche wachsen, in dem Maß in dem das Einkommen steigt, sodass das Glück immer gleich unerreichbar bleibt.“ [Farin Urlaub – Insel]

Als funktionierendes Rädchen in der Konsummaschinerie hat man aber trotzdem das Bedürfnis nach Entwicklung und Veränderung und Rausch und da bleibt einem dann nicht viel übrig, wenn man schön brav bleiben und sich nichts zu Schulden kommen lassen und in der Gosse enden will, als sich dem Rausch der Verdrängung hinzugeben, mit Alkohol und Sex und Spiel und Völlerei.

…..

Das ist jetzt irgendwie ausgeartet. Ich wollte eben genau NICHT sowas Gesellschaftskritisches schreiben, wo ich dann meinen Rausch rechtfertige und den Rausch von anderen abwerte. Es ging mir eigentlich auch gar nicht um die Intention. Warum ein Mensch nun nach Rausch sucht, ist doch im Grunde egal. Er sucht den Rausch und er findet ihn, über sämtliche Grenzen der Gesetze hinweg. Und ob das nun der Kick beim Bungeejump ist oder beim Kaufen von sündhaft teuren Hüten oder beim Lutschen eines LSD-Blotters.

Der Mensch sucht sich genau den Rausch, den er braucht.

6 Kommentare zu „Mein Rausch Dein Rausch

  1. Ich grad so eine Art Biografie über Anslinger von einer Frau Chasin. Die legt nahe, unsere Vorstellungen von Nüchternheit und Moral hätten einiges mit der Entwicklung der amerikanischen Eisenbahn zu tun. Aufklärung folgt.

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  2. Wahre Worte! Ich könnte mir vorstellen, dass manche Drogen einfach deshalb legal sind, weil sie sich moglicherweise leichter regulieren lassen, da sie von der Gesellschaft gewohnt sind. Ich verstehe auch deine Frage warum manches reguliert ist und anderes mit dem Teufel gleichgesetzt wird, das frage ich mich auch öfters.
    Ich mag deine Kernaussage und stimm dir da zu 😉

    LG

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    1. Naja, die Frage ist eigentlich leicht zu beantworten: weil das System Sündenböcke braucht für alles, das nicht funktioniert. Und (nicht nur) Drogenkonsumenten sind ganz hervorragende Sündenböcke.

      Vielen Dank! 🙂

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      1. Aber das erklärt doch nicht die Frage, warum manches reguliert wird und anderes nicht. Alkoholkonsumenten können genauso gut Sündenbock wie Cannabiskonsumenten sein. Ich denke auch, dass Drogenkonsumenten in dieser Hinsicht „missbraucht“ werden.

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        1. Die Frage ist ob diese Frage wichtig ist. In meinen Augen gilt es, alle Drogen gleichzusetzen was den rechtlichen Status und die Kontrolle angeht.
          Und bis dahin werden Drogen fatalisiert und die Konsumenten weiterhin missbraucht, ganz genau.

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